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«Gymnasium 2022» Religionsunterricht ist auch Beziehungsarbeit

26. Oktober 2020 Runder Tisch


29. September 2020

In ihren Vernehmlassungsantworten zum Projekt «Gymnasium 2022» begrüssen die katholische und reformierte Kirche sowie der Interreligiöse Runde Tisch im Kanton Zürich die Einführung eines Pflichtfaches. Sie verlangen allerdings sechs statt nur zwei Semesterlektionen. Andernfalls sei die Mittelschularbeit in den Foyers gefährdet. Die Medienmitteilung im Wortlaut.

Die Reformierte und die Katholische Kirche im Kanton Zürich begrüssen in ihren Vernehmlassungsantworten zum Projekt «Gymnasium 2022» die Einführung eines Pflichtfaches «Religionen, Kulturen, Ethik» im Untergymnasium an den kantonalen Mittelschulen. Vorgesehen sind für das Fach allerdings nur zwei Semesterlektionen. Das erachten die Kirchen als zu wenig und schlagen sechs Lektionen vor. Andernfalls sei insbesondere die wichtige Arbeit der Mittelschul-Foyers gefährdet, halten sie in einem separaten Schreiben an Regierungsrätin Silvia Steiner und den Bildungsrat fest. Auch der Zürcher Interreligiöse Runde Tisch (IRT) teilt die Bedenken der Kirchen.


Im Projekt «Gymnasium 2022», das sich zurzeit in der Vernehmlassung befindet, ist am Untergymnasium u.a. die Einführung eines Pflichtfaches «Religionen, Kulturen, Ethik»(RKE) mit Mindestdotation vorgesehen. Die Reformierte und die Katholische Kirche im Kanton Zürich sowie der IRT begrüssen diese Neuerung in ihren Vernehmlassungsantworten. Das Thema Religion sei in der Öffentlichkeit omnipräsent. Die Herausforderungen in unserer multikulturellen und -religiösen Gesellschaft würden Orientierungshilfen und Deutungskompetenzen erfordern. Ziel des Faches RKE sei es, diese Kompetenzen mit den Schülerinnen und Schülern zu erarbeiten und einzuüben.


Nach Ansicht der Kirchen und des IRT verlangt ein Obligatorium jedoch auch eine angemessene Dotation. Die für das Fach RKE vorgesehenen zwei Semesterlektionen erachten sie als klar zu wenig. Zwei Semesterlektionen beziehen sich dabei auf die zwei Schuljahre des Untergymnasiums. Konkret bedeutet es im Schnitt eine halbe Schulstunde pro Woche. Die Kirchen schlagen deshalb sechs Lektionen vor, was auch der Dotation des Faches auf der Sekundarstufe der Volksschule entspreche. Die gesellschaftspolitische Bedeutung des Faches RKE sei anerkannt. Hinsichtlich ethischer und weltanschaulicher Fragen würden nicht nur Fakten gelehrt, sondern es müsse auch Platz haben für Auseinandersetzungen und Diskussionen. Zudem bestehe eine sinnvolle pädagogische Arbeit auch aus Beziehungsaufbau. Das alles sei in nur zwei Semesterlektionen nicht möglich.

Foyer-Arbeit gefährdet
In einem separaten Schreiben an Bildungsdirektorin Silvia Steiner und die Mitglieder des Bildungsrates weisen die Kirchen weiter auch auf den Zusammenhang mit den Mittelschul-Foyers hin: «Die im Unterricht aufgebaute Beziehung zwischen den Fachlehrpersonen Religion und den Schülerinnen und Schülern kann im Foyer fortgesetzt werden. Als niederschwellige Treffpunkte und durch die projektbezogene Nutzung erweitern die Foyers den Handlungs- und Lernraum der Jugendlichen.» Im Kanton Zürich bestehen an Langgymnasien insgesamt neun von den Kirchen betriebene und finanzierte Foyers und zwei weitere Arbeitsstellen und ergänzen so das soziale und kulturelle Angebot der Schulen.


Im Brief weisen die Kirchen darauf hin, dass die in der Vernehmlassung vorgeschlagene Mindeststundendotation zu Kleinstpensen führe, die weder eine sinnvolle schulische Präsenz noch attraktive Anstellungen ermöglichten. Darunter würde die Beziehungsarbeit leiden, die für Unterricht und Foyerarbeit zentral sei. Und es würde dem gesellschaftlichen Anliegen nach religionsbezogener und ethischer Bildung nicht angemessen Rechnung getragen. Mit einer Mindestdotation von sechs Lektionen könnte die langjährige und bewährte Kooperation zwischen Schulen und Kirchen hingegen sinnvoll weiterentwickelt werden.